Translater:
Die Demokratie im Zeichen des Neoliberalismus
Was ist unsere
Demokratie noch wert?
Was kann der Wähler überhaupt noch
beeinflussen?
Welche Bedeutung haben heute noch Parlamentswahlen, wenn sich die Inhalte der Parteien kaum mehr unterscheiden? Kann das Wahlvolk mit seiner Stimmabgabe auf die künftige Politik des Staates überhaupt noch einen nennenswerten Einfluss nehmen? Wohl kaum - denn die Dinge, die wirklich wichtig sind, stehen gar nicht zur Diskussion!
Der
Kluge verspricht und der Dumme freut sich!
Vor jeder
Wahl vollzieht sich das gleiche erprobte Ritual: Es werden neue
Hoffnungen gesät und Versprechungen gemacht! Die neuen Vorhaben
bzw. der neue Minister werden die Probleme endlich lösen - so
lautet die Botschaft. Jede Partei gibt vor, das bessere Konzept
erarbeitet zu haben - gelobt wird die eigene Tüchtigkeit, die
Vorhaben der Gegner werden belächelt oder gar durch den Kakao
gezogen.
Dabei gerät diese ganze Auseinandersetzung zunehmend zum
Affentheater, denn die Parteiprogramme unterscheiden sich oft nur in
Nuancen. Ob nun die Ökosteuer erhöht und die Lohnsteuer
gesenkt wird oder umgekehrt, ob die Zusatzrente oder
Gesundheitsreform in der Version A, B oder C durchgesetzt werden -
alles geht am eigentlichen Thema vorbei.
Seit
über 25 Jahren versucht man mit der Verschiebebahnhof-Strategie
etwas zu bewirken - herausgekommen ist dabei nichts.
Offenbar meinen viele Politiker tatsächlich, sie könnten
das Wahlvolk ewig mit ihren Bagatellen und Showkämpfen
beeindrucken und bei Laune halten. Es scheint die Devise zu gelten,
dass auf keinen Fall die wahre Problematik angesprochen, geschweige
dann diskutiert werden darf. Denn würde ernsthaft über die
Lösung der echten Probleme nachgedacht, müsste man
über Dinge reden, die heute absolut tabu sind.
Was
verändert sich durch den Ausgang der
Wahlen?
Selbst
der Ausgang von Bundestagswahlen hat heute (2003) nur noch eine
geringe Bedeutung. Ob nun die Partei A, B oder C das Ruder
übernimmt, was ändert sich dadurch schon groß? Egal
welche Mannschaft gewinnt, es müssen Koalitionen geschmiedet und
Kompromisse eingegangen werden. Am Ende wird weitergewurstelt wie
bisher und die wirklich bedeutenden Fragen werden nicht
angegangen.
Die
relevanten Fragen werden ignoriert!
Gäbe
es eine ernstzunehmende Demokratie, so müssten sich die Parteien
meines Erachtens diesen Fragen stellen:
1.
Ist die Partei bereit, die Probleme der Massenarbeitslosigkeit und
Kaufkrafteinbußen ernsthaft anzugehen? Hat sie also die Traute,
über angemessene
Zollgrenzen
(auch innerhalb der EU) nachzudenken?
2.
Ist die Partei bereit, sich für die Einführung bundesweiter
Volksabstimmungen einzusetzen? (Per Referendum wären der Euro,
die Rechtschreibreform, viele EU-Erweiterungs- und
Ermächtigungsgesetze sicher nicht durchgekommen).
3.
Wie ehrlich ist die Partei, wenn es um die Zukunft der EU geht?
Spricht sie offen über die
Risiken des Euro und der EU-Erweiterung,
wie plant sie die künftige Finanzierung der EU? Sieht sie
Deutschland einmal mehr als Zahlmeister?
4.
Welche Rolle soll die künftige EU spielen? Ist eine
allmähliche Auflösung
der Nationalstaaten
geplant? Glaubt man, dass ein "Großeuropäisches Reich"
einfacher zu regieren und effizienter wäre?
5.
Macht sich die Partei Gedanken darüber, warum in
Deutschland seit 1980 die Reallöhne
sinken?
Kann es sein, dass in einem gemeinsamen Markt das Land mit den
ehemals höchsten Einkommen zwangsläufig absinken muss? So
lange, bis die bislang unterentwickelten Staaten auf dem deutschen
Wohlstandsniveau angekommen sind? Wird Deutschland eventuell noch
für Jahrzehnte dahinsiechen, bis eben die osteuropäischen
Länder unser Level erreicht haben?
6.
Wie weit darf die Aufnahme geringqualifizierter Kriegs- und
Wohlstandsflüchtlinge gehen? Welche Belastungen sind damit
für den Steuerzahler, die Sozialsysteme und dem Arbeitsmarkt
verbunden? Müssen Flüchtlinge aus dem fernen Asien (z. B.
Irak/Afghanistan) unbedingt in einem völlig fremden
dichtbesiedelten Kulturkreis eine neue Heimat finden, gibt es in
Asien keine humanen Alternativen. Europäische
Geringqualifizierte zieht es doch auch nicht in die asiatischen
Fremdkulturen.
Politiker und Medienleute versuchen krampfhaft zu beteuern, bei uns gäbe es keine Tabus, über alles werde offen und ehrlich diskutiert. Werden aber die oben aufgeführten sechs wichtigsten Punkte wirklich angegangen? Wer diese Themen aus der Diskussion heraushält und stattdessen über Kinkerlitzchen streitet, betreibt meines Erachtens eine heuchlerische, populistische Politik.
Nachtrag September 2018: Wie man sieht, wurden meine vor 15 Jahren aufgeworfenen Grundsatzfragen immer noch nicht beantwortet. Die Probleme sind immer noch aktuell. Weil Politik und Medien keine Traute haben, sich den wirklichen Herausforderungen zu stellen.
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Bevölkerung ebnet den Weg für notwendige
Veränderungen.Es dankt Ihnen Manfred J. Müller
Sollten
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meinen Texten großen Wert und möchte niemandem Unrecht
tun. Ich halte mich parteipolitisch für neutral und gehöre
auch keiner Partei an. In den 1990er Jahren war ich lediglich einige
Jahre Mitglied der CDU, um die Einführung des Euro zu
verhindern.
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Impressum
© Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung
2003
Manfred Julius Müller analysiert und kritisiert seit 40 Jahren weltwirtschaftliche Abläufe. Er ist Autor verschiedener Bücher zu den Themenkomplexen Globalisierung, Demokratie, Kapitalismus und Politik.
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred J. Müller
"Es
gibt zu unserer Politik keine Alternative!". Denkverbote,
Maulkörbe, Einschüchterung, Mobilisierung der Massen,
Rufmord - soll das die Demokratie des 21. Jahrhunderts sein?